„Heidentempel“
Bad Münstereifel-Nöthen

Auf der Anhöhe des Addig liegt ein Matronen-Heiligtum. Es wurde vermutlich Ende der Spätantike gewaltsam zerstört. Nicht zerstört werden konnte, was diesen Platz schon in frühgeschichtlicher Zeit zu einem Auserwählten machte: seine starke Ausstrahlung als Heimstätte der Gottheiten inmitten herrlicher Natur. Ein Besuch des ehemaligen gallo-römischen Tempelbezirks schickt auf eine Zeitreise.

Versetzt in eine antike Welt

Wenn in den Abendstunden das Licht warm durch das Laubwerk auf die Anhöhe fällt und eine fast heilige Stille auf dem weitläufigen Areal herrscht, dann scheint die Zeit durchlässig zu werden. Vor dem inneren Auge entsteht ein Bild, wie an dieser antiken Stätte die Verbindung zu den mütterlichen Gottheiten – den Matronen – gesucht wurde, wie ihnen Geschenke gebracht wurden, wie sie um Schutz, Fruchtbarkeit und Wohlergehen gebeten wurden. Es waren wohl ihre Sanftheit und Bodenständigkeit in einer eher männlich-kriegerischen geprägten Götterwelt, die sie so anziehend machten. Die einheimische Bevölkerung zog es ebenso wie Reisende auf den damaligen römischen „Fernstraßen“ hinauf auf den Addig. Die Beliebtheit der Matronen hatte zwischen dem 150 und 250 n. Chr. ihren Höhepunkt und führte zu einer regelrechten Wallfahrtskultur. Über drei Bauphasen hinweg, die letzte erkennbare um 330. n. Chr., wurde der Tempelbezirk weiträumig ausgebaut. Die restaurierten Grundmauern legen größere Versammlungen und „Gottesdienste“ nahe, machen die einstige Pracht der Anlage bewusst.

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Ein schützendes göttliches „Dreierteam“

Schon die in der Voreifel heimischen Kelten und Germanen huldigten den Matronen. Die mit dem gallischen Krieg ins Rheinland gekommenen Römer sahen in dem fremden Kult jedoch keine Konkurrenz für ihre Götterwelt. Mehr Gottheiten, mehr Schutz – hieß wohl die pragmatische Integrationsformel. Sie bauten steinerne Tempelanlagen und gaben dem Matronenglauben auf kunstvollen Altären und beschrifteten Weihesteinen erstmals einen sichtbaren Ausdruck. Stets zu dritt präsentieren sich die mütterlichen Gottheiten, aufrecht auf einer Bank sitzend, würdevoll und selbstbewusst. Fast immer zieren Obstkörbe ihren Schoß, als Symbol für Fruchtbarkeit und den Kreislauf des Lebens. Auch dieser Tage noch ist der Beistand der weiblichen Trinität gefragt. Fast täglich finden sich frische Obstgaben und Blumen an den nachgebildeten Weihesteinen.

Tour-Informationen

Tour Rundwanderung
Start Parkplatz
Krausstraße 14-2
53947 Nettersheim
Aufstieg 233 m
Abstieg 233 m
Länge der Tour 13,2 km
Dauer 3:30 Stunden
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Do ut des

„Ich gebe, damit du geben mögest.“ So lautete das fast kaufmännische Prinzip im „Handel“ mit den wirkmächtigen rheinischen Matronen. Erfüllten sich die Bitten, lösten wohlhabende Bürger ihr Gelübde oft ein, indem sie Weihesteine stifteten. Aufschluss über diese Stifterpraxis geben die Inschriften der Votivsteine, wie sie zahlreich bei den Ausgrabungen ab 1913 gefundenen wurden. Fast fünf Jahre dauerten die Untersuchungen des Rheinischen Landesmuseum Bonn unter Leitung des Archäologen Dr. Hans Lehner. Mit jedem Fund wurde deutlicher, dass der „Heidentempel“ – wie das Heiligtum schlicht im Volksmund heißt – zu den eindrucksvollsten Denkmälern gallo-römischer Kultur in Nordrhein-Westfalen zählt. Auf dem Plateau informieren zahlreiche Tafeln über die Bedeutung dieses Eifeler Geschichtsschatzes. Weniger informativ, dafür sehr verführerisch: die Meditationsplattform. Auf ihr sollten Sie unbedingt Platz nehmen und sich umfangen lassen von der friedvollen Energie, die Menschen über viele Jahrhunderte an diesen Ort gebracht haben. Sie ist wie der Besuch der Tempelanlage absolut kostenfrei.

Bäume – heilige Stützen unserer Welt

Menschen und Bäume. Die Verbindung ist uralt und mythisch. Auch der Hain auf dem Addig war schon vor dem Matronenkult ein heiliger Ort. Bereits um 100 v. Christi befand sich auf der Anhöhe wohl ein Baumheiligtum in Gestalt einer Eiche. Sie wurde von den Kelten und Germanen als Sitz der Götter und Symbol der Mütterlichkeit verehrt. Möglicherweise nahm später eine steinerne Baumplastik ihren Platz im architektonisch gefassten Hofraum ein. Auch heute fällt der Blick von der Plattform auf eine stattliche Eiche. Sie erinnert in der Mächtigkeit an „Irminsul“- den Weltenbaum der germanischen Mythologie. Dort stützt der gewaltige Baumstamm das Weltall, tragen die ausladenden Zweige das Himmelsgewölbe. Ein inspirierendes Bildnis voller Respekt vor dem Lebewesen Baum.