Bruder Klaus Kapelle
Mechernich

Zwischen dem Parkplatz am Dorfrand von Wachendorf und der Bruder-Klaus-Feldkapelle liegt etwas mehr als ein Kilometer. Es ist ein gut gewählter Abstand. Unterwegs auf dem leicht ansteigenden Feldweg schwankt das Gefühl zwischen schnellem Hineilen und langsamen Auskosten wollen. Denn mit jedem Schritt schärft sich der Blick auf den gelb-rötlichen Monolithen. Ein Kunstwerk der Architektur, ein Bekenntnis des Glaubens. Mitten auf einem Feld.

Ein Kraftort der Moderne

Kann ein Betonbau aus dem Jahr 2007 ein Kraftort sein? Die Bruder-Klaus-Kapelle, entworfen vom Schweizer Architekten Peter Zumthor, kann es sicherlich! Vielleicht spüren Sie seine besondere Ausstrahlung bereits aus der Distanz. Denn trotz der Irritation, die der 12 Meter hoch aufragende Baukörper auf dem Feld auslöst, passt er sich erstaunlich harmonisch in die auslaufende, wellige Nordeifellandschaft ein. An der Kapelle angekommen überrascht die kantige, unregelmäßige Form auf einem fünfeckigen Grundriss. Sie gibt selbst bei einer Umrundung keinen Aufschluss über ihr Innenleben. Dafür gilt es die schwere, an einen Tresor erinnernde, dreieckige Stahltür zu öffnen. Der Innenraum gibt dem Eintretenden das Gefühl, reich beschenkt zu werden. Durch eindrucksvollen Minimalismus, durch Stille, durch Geborgenheit.

Google Maps

Mit dem Laden der Karte akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von Google.
Mehr erfahren

Karte laden

Architektur durchkomponiert bis ins Detail

Eng sind die ersten Schritte hinein in den fensterlosen Innenraum. Sofort wird klar, dies ist nicht als  Andachtsraum für größere Gruppen geplant, sondern dient der Meditation und dem Gebet des Einzelnen. Zeltartig strebt der Raum in die Höhe, gibt an der tropfenförmigen Spitze den Blick frei in den Himmel. In der Bauphase waren als Innenschalung für die Betonwände 120 Fichtenstämme  aufgestellt worden. Mit der Wärme des köhlerartigen Feuers, das über Wochen im Inneren des Rohbaus unterhalten wurde, lösten sich die Baumstämme vom erhärteten Beton. Nach ihrer Entfernung sorgte ein Schwelbrand, ein sogenanntes Mottfeuer, für die schwarze Einfärbung des Betons. Der dunkle Farbton unterstützt eine höhlenartige Atmosphäre, die an die Einsiedlerklause des Namensgebers Nikolaus von Flüe erinnert. Nur wenige Gegenstände fallen in den Blick, wie ein messingfarbiges Meditationsrad und eine Büste des Heiligen Nikolaus von Flüe. Es gäbe noch viele Details zu beschreiben, die die Einzigartigkeit dieses sakralen Baus ausmachen, wie die bewusste Verwendung regionalen Baumaterials und heimischer Handwerkstechnik, etwa beim Stampfen des Betons. Interessierte können das bestens nachlesen in Fachartikeln, wie sie reichlich nach Einweihung der Kapelle 2007 erschienen sind. Eine Frage aber, die sich sicherlich jeder Besuchende stellt, ist, wie nahm diese außergewöhnliche „Baugeschichte“ ihren Anfang.

Tour-Informationen

Tour Rundwanderung
Start Parkplatz Bruder Klaus Kapelle
Iversheimer Straße
53894 Mechernich
Aufstieg 168 m
Abstieg 168 m
Länge der Tour 10,9 km
Dauer 3:00 Stunden
GPX-File Download
Karte Download

Ein couragiertes Vorhaben

Die Historie der Wachendorfer Feldkapelle ist nahezu filmträchtig. Die Protagonisten: Das Landwirtehepaar Scheidtweiler mit Familie aus Mechernich-Wachendorf, der Heilige Nikolaus von Flüe, genannt Bruder Klaus, und der 1943 geborene Stararchitekt Peter Zumthor. Dass sie zusammenfanden, ist der Entschlossenheit von Hermann-Josef und Trudel Scheidtweiler zu verdanken. Als die Presse berichtete, dass der Schweizer Architekt  Zumthor gerade den Planungsauftrag für das Kölner Diözesanmuseum erhalten hatte, wusste das Ehepaar Scheidtweiler, dass es den richtigen Architekten für das Bauvorhaben gefunden hatte. Ihr Vorhaben: Zum Dank für ein gutes Leben wollten sie auf eigenem Feld eine Kapelle errichten und die dem Schutzpatron der Landvolk- und Landjugendbewegung, Nikolaus von Flüe, widmen. In einem Brief baten Hermann-Josef und Trudel Scheidtweiler den renommierten Architekten bei Interesse, ein „Plänchen“ zu zeichnen. Zumthor hatte Interesse, zeichnete in der Folgezeit nicht nur ein „Plänchen“, sondern feilte über den Zeitraum von sieben Jahren an allen Details und legte zum Schluss der zweijährigen Bauzeit  selbst Hand auf der Baustelle an. Für seinen Entwurf stellte Zumthor kein Honorar in Rechnung. Wie er selbst sagt, nicht zuletzt deswegen, weil Bruder Klaus zu den Lieblingsheiligen seiner Mutter zählte.

Bruder Klaus: Mystiker und politischer Mediator

Auch wenn Peter Zumthors Mutter eine Vorliebe für Nikolaus von Flüe hegte, ganz kritiklos stand sie wohl dem Schweizer Schutzpatron nicht gegenüber. Nikolaus von Flüe, 1417 bis 1487, verließ nämlich im Alter von 50 Jahren seine Familie, als sein jüngstes von zehn Kindern gerade einmal ein Jahr zählte. Doch zu diesem Zeitpunkt konnte der älteste Sohn schon gut den elterlichen Hof übernehmen. Nikolaus Familie, insbesondere seine Ehefrau Dorothea, trugen die Entscheidung des Nikolaus mit, sich in eine für ihn gebaute Klause in der Nähe des Hofes zurückzuziehen. Für Nikolaus selbst war dieser Schritt schon überfällig. Schon als Kind hatte Nikolaus religiöse Visionen, ging aber zunächst den ihm vorgezeichneten Weg als wohlhabender Bauer, Soldat, Familienvater, Richter und Ratgeber. Irgendwann jedoch wurde der Ruf Gottes zu stark und er zog mit der großherzigen Zustimmung seiner Frau in die Flüeli-Ranft-Klause. Fortan widmete er sein Leben dem intensiven Gebet. Einsam wurde es um Bruder Klaus trotzdem nie, zu gefragt war sein seelsorgerischer und politscher Rat. Historiker schreiben ihm beispielsweise großen Einfluss auf den Erhalt des eidgenössischen Bundes 1481 zu. Das Streben nach Vermittlung und Schöpfungserhaltung machte ihn in der Schweiz zur spirituellen Leitfigur. Er ist der Nationalheilige der Schweiz und wird heute weltweit als Friedensschützer verehrt.